Quer über die Bühne zum ersten Preis

Die Schülerin Laura Zwingel wird zum Publikumsliebling beim Gesangswettbewerb "Seebeck am Markt" in der Stadthalle

Nordsee-Zeitung vom 05. Oktober 2015

Laura Zwingel - Foto Adebahr
LAURA ZWINGEL hatte sich gut überlegt, wie sie sich auf der Bühne bewegt: Das gab beim Publikum am Ende den Ausschlag für den 1. Preis.

VON SEBASTIAN LOSKANT


BREMERHAVEN. Nach dem zweiten Durchlauf beim 18. Sängerwettstreit

"Seebeck am Markt" war es für viele

der knapp tausend Zuschauer in der Stadthalle offensichtlich: Laura Zwin-

gel, Schülerin aus Bremerhaven, kris-tallisierte sich als Favoritin heraus. Nach der Auszählung der Pulikumsstim-

men konnte Moderator Günther Kocken

der überglücklichen Sängerin dann den

ersten Preis mit Wanderpokal und 150 Euro überreichen.


Schon beim ersten Durchgang fiel Zwingel - die Nummer 11 - auf. Eine lange Reihe begabter SängerInnen hatte das Publikum bereits mit guter Stimme und aus-drucksvollem Gesang beeindruckt. Nadja und Talina Dohmeyer brachten mit "Mr. Postman" die Pettycoat-Fraktion im Saal in Schwung. Auch etliche Debütantinnen machten Eindruck wie Rebekka Weihrauch mit einem kraftvollen "It's a man's world" oder Nadja Hayduk mit dem ruhigen Eta-James-Song "At Last". Gina Reuter, Schülerin aus Langen, wagte sich forsch an den Ray-Charles-Hit "Hit the road, Jack".

  Doch Laura Zwingel nahm nicht nur mit einem lockeren "Hallo!" Kontakt zum Publikum auf, sie eroberte sich auch mit jugendlicher Frische zu Ben E. Kings "Stand by me" einmal quer die Bühne. Was die "Hausband" Larry and the Handjive gleichfalls animierte - die Bremer brachten den Saal eh zum Tanzen. Noch mehr Bühnenpräsenz zeigte die Sympathieträgerin mit den langen blonden Haaren später in der rockigen Nummer "Something's gotta hold on me": Da zuckten die Hüften, wippten die Knie, flog der schwarze Hut.

  "Hier hat jemand das Showgefühl im kleinen Finger", stellte Gesangspädagogin Renate Priebe, eine von sechs Juroren, hinterher fest. Ihr Jury-Kollege, Jazzmusiker Jörg Seidel, bemerkte: "Laura Zwingel hat sich mit Gewinn viele Gesten von großen Sängern abgeguckt und setzt sie auch richtig ein." Zwingel, so erzählte er nebenbei, habe zur Sail bei ihm wegen einer Auftrittsmöglichkeit angefragt: "Das hat mir imponiert, sie durfte dann eine halbe Stunde lang mit auf die Bühne."

Yavuz Seyman - Foto Adebahr
YAVUZ SEYMAN bekam für "My funny Valentine" den Jurypreis.

 Für den Jurypreis (100 Euro) indes verständigten sich die Fachleute auf den ruhigen Außenseiter Yavuz Seyman : Mit "My funny Valentine" und "What a difference a day makes" habe er schwieriges Repertoire mit schöner Stimme und der notwendigen Lässigkeit vorgetragen, hieß es.

  Das publikum vergabe seine weiteren Preise ebenfalls ans männliche Gesangspersonal. Uli Keller kam mit seinem "Teddy Bear"-Rock auf den zweiten Platz und stiftete das Preisgeld von 100 Euro dem Verein "Rückenwind" für Leher Kinder. Den dritten Platz (50 Euro) belegte mit Reibeisenstimme und "Sweet Soul Music" Vorjahressieger Marco Butzkus, der damals Publikums- und Jurypreis abgeräumt hatte. Diesmal trat er gegen seine Frau an - was die Harmonie daheim offensicht-lich nicht trübt.

  Ein letzter Rat für viele Teilnehmer kam von Jörg Seidel: "Leute, arbeitet an eurer Gesangstechnik." Na dann, bis zum nächsten Jahr.

Wettstreit im Rampenlicht

JuSchu-Redaktionsmitglied Rebekka, 18 Jahre, Schulzentrum Geschwister Scholl, hat sich dem "Seebeck am Markt"-Singwettkampf gestellt und berichtet über ihre Erfahrungen.

Nordsee-Zeitung vom 07. Oktober 2015

Rebekka Weihrauch - Foto Facebook

Große Bühne, tolle Lichter und ganz viel Musik: der Sängerwettstreit "Seebeck am Markt" ist für die Zuschauer ein Spaß. Aber hinter den Kulissen herrscht trotz augenfällig guter Stimmung doch ein wenig Anspannung. Ein Wettstreit ist eben ein Wettstreit. Ich war hautnah dabei - als Teilnehmerin.

  Bei dem Sängerwettstreit handelt es sich um Musik in den 50er, beziehungsweise 60er jahren. Genau mein Ding, weil ich die Songs aus dieser Ära bevorzuge. Da fiel mir eine Songauswahl nicht schwer: "It's a man's man's world" von James Brown musste dabei sein, da es meiner Interpretation zu Folge die vermeintliche Wichtigkeit der Männer auf die Schippe nimmt. Außerdem ist der Song kraftvoll. Meinen zweiten Titel "I love you more than you'll ever know" kannte ich zunächst nur von Amy Winehouse und verliebte mich sofoert in den gefühlvollen Song. Den Song haben auch schon Blood, Sweat & Tears, Donny Hathaway und Gary Moore interpretiert.

  Was bringt einen dazu, in der Stadthalle vor Hunderten von Menschen zu singen? Ich habe teilgenommen, da ich es liebe zu singen und einfach Erfahrungen sammeln möchte. Deshalb war ich nicht enttäuscht, weil ich keinen Sieg abgeräumt habe. Für mich hat Musik nichts mit gewinnen zu tun, sondern mit Gefühl. Ich möchte Zuhörer erreichen, welche die Emotionen von meinem Gesang verstehen. Auch, wenn ich kein Profi bin.

  Die Reihenfolge, in der die Teilnehmer singen, wird vorher ausgelost. ich zog die Nummer drei. Bei dem Wettstreit gab es zwei Durchläufe. Bei der zweiten Runde wird die Reihenfolge umgekehrt. Da es zwei Runden gab und die Reihenfolge beim zweiten Auftritt rückwärts läuft war ich also am Anfang und am Ende dran.

  Zunächst machte sich ein flaues Gefühl im Magen breit, doch dann dachte ich: "Wenn ich diesen Platz in der Reihenfolge einnehme, bleibe ich vielleicht besser im Gedächtnis als jemand, der in der Mitte seinen Auftritt hat." Meine größte Angst bestand darin, vor lauter Aufregung auf der Bühne den Text zu vergessen. Zum Glück war diese Furcht völlig unbegründet. Vor Klausuren in der Schule bin ich deutlich aufgeregter als vor einen Auftritt vor ein paar Hundert Leuten.


Gute Stimmung


Zwischen den Teilnehmern gab es eine gute Stimmung - wir wünschten einander Glück. Viele von ihnen waren sympathisch und wir haben gar nicht mehr daran gedacht, dass wir ja eigentlich Konkurrenten sind. Aber mit manchen Teilnehmer ging auch schon mal das Selbstbewusstsein hinter den Kulissen durch - so wurde schon mal Christina Aguilera als Beispiel für die eigenen Sangeskünste aufgeführt.

  Die Organisation klappte ohne Probleme. Die professionelle Band "Larry & The Handjive", die den Wettstreit schon seit Jahren begleitet, blieb auch schon im Vorfeld bei der langen Probe entspannt, wenn einige Stellen wiederholt werden mussten. Zuvor hatte man ja noch nie zusammen Musik gemacht.

  Eines habe ich auf jeden Fall bei meiner Teilnahme gelernt - es sind nicht immer die besten Stimmen, die vorne liegen. Es kommt auf die Show an, auf das Gesamt-paket. So ist es ja auch bei Castingshows im Fernsehen zu sehen - denn das Publikum hat eine stärkere Entscheidungskraft als die fachlich versierte Jury.

  Auch wenn es sich, wie ich finde, bei einem Wettstreit wie diesem eigentlich hauptsächlich um die Stimme und Song drehen sollte. Aber das eben genau eine der Erfahrungen, die ich machen wollte.

  Eines werde ich nie vergessen: Am Ende des Wettbewerbs kam ein kleines Mädchen mit Stift und Zettel bewaffnet auf mich zu und sagte: "Sie haben so schön gesungen, darf ich bitte ein Autogramm haben?"