12. "Seebeck am Markt"-Frühschoppen: Stadthalle wird zum Rock'n'Roll-Mekka

Nina Morgeroth
Nina Morgeroth
Als strahlender Sieger nach zwölf Runden stand das Ergebnis des "Seebeck am Markt"-Frühschoppens nachmittags in der Stadthalle fest. Im Jahre 2 nach dem Umzug aus dem Columbusbahnhof wurde Norddeutschlands größter Frühschoppen mit über 1300 Gästen so stark besucht wie noch nie zuvor. Veranstalter wie Organisator zeigten sich im höchsten Maße zufrieden.

Warum die Veranstaltung, die 1998 zum 40. Jahrestag der Ankunft von Elvis Aaron Presley in Bremerhaven zum ersten Mal auf die Beine gestellt wurde, heute noch immer so viel Erfolg hat? Wer weiß das schon so genau. Vielleicht ist es die fetzige Musik der Fifties,oder der Sängerwettstreit. Vielleicht aber auch einfach die Möglichkeit, mit Freunde und Bekannten jenes Stück Vergangenheit aufleben zu lassen, das einst die eigene Jugend war.

Punkt zehn Uhr stürmt die Schar der Feierfreudigen die Halle und versucht, die besten Plätze zu erhaschen. Bunt durchmischt zeigt sich das Publikum, Zeitzeugen neben jüngeren Liebhabern jener Ära dicht bei dicht. Der Elvis-Club Bremerhaven hat einen ganzen Tisch reserviert, ein Tischwimpel und eindeutige Devotionalien weist sie als solchen aus. Hier und dort sind Bremerhavener Kneipen in Stammtisch-Formation angetreten, alte Recken grüßen lächelnd in die Runde. Um eine solide Basis zu schaffen, bietet die Gastronomie leckeres Frühstück an, Krabben mit Rührei oder profanes Brötchen, Stärkungen für jeden Geschmack. Die Band „Splish Splash" spielt feinsten Rock'n'Roll auf, und die ersten Unbändigen stürmen den Raum vor der Bühne. Hier wird nicht lange gebeten - hier wird getanzt. So etwas nennt man wohl Aufwärmen nach Art „Seebeck am Markt": mit „Rock'n'Ham'n'Eggs".

Die Stadthalle bietet sicherlich nicht die gleiche zeitgenössische Authentizität wie einst der historische Columbusbahnhof tat. Alle Beteiligten, wie Ausrichter, Organisator und Techniker, geben sich aber die allergrößte Mühe, dieses Manko wieder wettzumachen. Bilder von Ikonen der 50er Jahre zieren die Vorhänge, Service und Technik sind hervorragend, Sound fantastisch, alles wirkt bestens organisiert. Dem einen oder anderen ist die Halle etwas zu dunkel und die Security deutlich zu präsent, aber daran lässt sich sicherlich noch arbeiten.

Dann wird es ernst, stilecht tritt Moderator Günther Kocken vor die rund 1300 und kündigt den Wettbewerb an. Die Jury wird vorgestellt. Die Sängerinnen Sandra Lansdell, Esther Gehrke und Anabel Albrecht, sowie Stadtrat Wilhelm Behrens, swb- Bremerhaven-Geschäftsführer Jörn Hoffmann und TiF-Geschäftsführer Jörg Göddert, werden diesmal ihre fachliche Meinung abgeben, dann geht es los. Vorjahressiegerin Nina Morgenroth legt mit „Great Balls of Fire" ein hohes Level vor, Nachrückerin Gina Kuhr führt mit Ben E. King's „Stand by me" in lauschige Mondnächte. und Stefan Zorn tritt artgerecht mit Sonnenbrille alà Roy Orbison an. Dann kommen die alten Hasen zum Zug: 3-Fach Gewinner Michael Schubert mit „Suspicious Mind", Woody Derichs mit mehr Schmäh in der Stimme als Altmeister Freddy Quinn, und Guido Weber führt ins „Heartbreak Hotel". Im Mittelfeld dann einige Newcomer: Andrea Türk teilt ihr „Fever" mit den Zuhörern, Georg Kargoscha romantisiert mit „Moonlight" und Uli Keller präsentiert „Whole lotta shakin goin' on". Die erst 13-jährige Chayenne Mardfeld, Elvis-Imitator Bernd Stegemann und Wunderkehlchen Ann-Kristin Riemann setzen dann den Schlussakkord. Nach einer kurzen Pause gibt's noch mal die ganze Rutsche in umgekehrter Reihenfolge. Anschließend Tanz und angeregtes Rätselraten für alle, bis zur Siegerehrung.

Den 3. Platz belegt der Youngster: Chayenne Mardfeld, auf Rang 2 kommt in diesem Jahr die Titelfavoritin Nina Morgenroth, und den 1. Platz kann erstmalig, die 23-jährige Ann-Kristin Riemann mit einer fantastischen Leistung für sich entscheiden.

Nach dem offiziellen Teil füllt sich die Tanzfläche wieder. Schlagartig und dass Gro der Gäste wandert an die Bar, feiert und klönt noch ein wenig über den Geist der vergangenen Zeit. Eine knappe Stunde später geht's im Hotel Metropol hoch her, die dort organisierte After Show Party ist, für die Räumlichkeiten, ebenso üppig besucht wie der Frühschoppen in der Stadthalle selbst. Die Band Jam69 liefert Rockmusik von Clearence Clearwater Revival, Lynyrd Skynyrd und Co. Und das Ambiente gibt einem das Gefühl endlich in den 50's und 60's angekommen zu sein, dort wo alles begann, mitten im Herzen von Lehe...

Marco Butzkus

Schöne Frauen und Autos - das ist Elvis

Nordsee-Zeitung 05.10.2009

Die Musik der 50er Jahre begeistert noch immer die Massen


Von Yvonne Gotthardt

Bremerhaven. Vor der Stadthalle: Viele Autos, darunter eine nostalgische Karosse in Türkis, Wackelelvis auf dem Armaturenbrett. In der Halle: 1500 Besucher, darunter tanzwütige Rock’n’Roller, die die Tanzschritte in den Beinen haben, und natürlich Sänger. Sie sind bereit, sich beim Wettstreit zu messen.

Der Wettkampf, bei dem es zugeht wie bei „Seebeck am Markt“ zur Rock’n’Roll-Zeit hat viele Fans: „Wir kommen jedes Jahr“, sagt Holger Hartz, der mit seiner Frau seinen 23. Hochzeitstag feiert – am runden Stehtisch, mitten im Trubel unweit der Bühne. Schließlich kenne er die alten Musiker. „George B. Miller und so“, sagt der 58-Jährige über den bekannten Schlagzeuger, der beim Sängerwettstreit hinter den Kulissen aktiv ist.
Auch, wer mit den lokalen Musikgrößen nicht vertraut ist, kommt auf seine Kosten, denn zwölf Sänger bieten den Gästen Lieder, die Erinnerungen an die 50er und 60er Jahre aufleben lassen. Viele zieht es vor die Bühne – um zu rocken und zu rollen. Für die Musik sorgt die Band Splish Splash, beinahe Inventar des Sängerwettstreits.

Pomade und Haarspray

Nicht nur für die Ohren, auch für die Augen gibt es einiges: Wenn der Sängerwettstreit ansteht, dann wissen viele Gäste, was zu tun ist, um stilecht rüberzukommen. Der graumelierte Herr erinnert sich an die Jugend und holt die Pomade heraus, die Dame toupiert das Haar und lässt die Düse der Haarspraydose zischen, was sie hergibt. Wer richtig auf Rockabilly machen will, schlüpft in Lederjacke und lässt sich Backenbart stehen. Aber wer richtig zulangt, der steigt gleich in Elvis-Kluft – wie Orlando Köhler aus Wietzendorf.
„Ich habe mit fünf Jahren Elvis-Filme gesehen“, erzählt der Mann mit Elvis-Frisur und weißem Ganzkörperanzug. „Da wusste ich schon, dass ich ein Elvis werden will.“ Das sei ja kein Wunder. „Der hatte immer alles: Schöne Frauen, Autos, was man sich so wünscht“, so Köhler, der als Imitator auftritt.
Auf der Bühne ernten derweil andere Ruhm. Ann-Katrin Riemann gelingt mit „Those were the days“ von Mary Hopkins und „Do you love me“ von Brian Poole & the Tremeloies der Sieg. Auf dem zweiten Platz kommt Nina Morgenroth mit „Great balls of fire“ von Jerry Lee Lewis „Me and Bobby McGee“ von Janis Joplin. Rang drei erobert Chayenne Mardfeld mit dem Presley-Hit „His latest flame“.